INSOLVENZRECHT: Bargeschäft (§ 142 InsO) und Insolvenzanfechtung (§ 133 InsO)

– Ausgangslage –
Befindet sich der Mandant in einer Phase, die irgendwann in einer Insolvenz enden kann/muss, stellt sich die Frage, inwieweit anwaltliche Beratung noch möglich ist, ohne dass die dafür geflossene Vergütung später im Wege der Insolvenzanfechtung an den Insolvenzverwalter zurückzugewähren ist.

Ein Rechtsanwalt/Steuerberater kann hier gemäß § 142 InsO seine Vergütung behalten, wenn es sich um ein sogenanntes Bargeschäft handelt. Ein Bargeschäft liegt vor, wenn der Mandant in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhält. Bei einer länger währenden Mandatsbeziehung wird dafür verlangt, dass Leistung und Gegenleistung zeitnah (in Teilen oder abschnittsweise) ausgetauscht werden.

– Bargeschäft nur innerhalb von 30 Tagen –
Leistet der Mandant deshalb einen Vorschuss, so ist die Dienstleistung innerhalb von 30 Tagen zu erbringen, ansonsten unterliegt sie der Insolvenzanfechtung (BGH, Urteil vom 06.12.2007, Az. IX ZR 113/06). Hierfür sind aber noch weitere Voraussetzungen zu beachten.

– Beratungsvertrag nur mit Vorschussregelung (§ 9 RVG) –
Zunächst muss der Beratungsvertrag – wie oben schon erwähnt – UNBEDINGT eine Vorschussregelung umfassen. Ohne Vorschussregelung würde IMMER § 614 BGB gelten, also eine Fälligkeit erst NACH Erbringung der Dienstleistung eintreten. Eine zu späte Fälligkeit kann aber zu einer inkongruenten Deckung führen, die den Schluss zuließe, der Mandant (Gemeinschuldner) habe es jedenfalls billigend in Kauf genommen, seinen Rechtsanwalt vor allen anderen Gläubigern zu bevorzugen, um sich dessen Leistung zu sichern (vgl. OLG Celle, Urteil vom 30.06.2005, Az. 13 U 36/05 Rn. 80).

Liegt dagegen ein Beratungsvertrag mit einer Vorschussregelung vor, handelt es sich um eine kongruente Deckung. Bei dieser gelten für den Benachteiligungsvorsatz erhöhte Anforderungen, da der Mandant (Gemeinschuldner) in einem solchen Fall in der Regel nur seine Verbindlichkeiten begleichen will (vgl. LG Kleve, 3. Zivilkammer Urteil vom 15.07.2008, Az. 3 O 23/08, Rn 22).

Bei einer längerfristigen Beratung müssen die Vorschüsse dabei in Zeitabschnitten von maximal 30 Tagen abgerechnet werden, da nur eine Abrechnung in diesen Zeitabschnitten das Vermögen des Mandanten auch tatsächlich „unmittelbar“ im Sinne von § 142 InsO mehrt (BGH, Urteil vom 13.04.2006, Az. IX ZR 158/05, Rn. 35).

(Vorsicht: Verzichtet der Rechtsanwalt/Steuerberater dagegen auf einen Vorschuss und vereinbart mit dem Mandanten stattdessen eine Ratenzahlung oder Ähnliches, setzt er sich zum einen einer Anfechtung wegen inkongruenter Deckung aus, z. B. § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO, zum anderen lauert eine Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, da die Vereinbarung der Ratenzahlung den Schluss darauf zulässt, dass der Rechtsanwalt von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Mandanten wusste, diese (unterstellte) Kenntnis reicht vollkommen aus, da § 133 Abs. 1 S. 2 InsO den Benachteiligungsvorsatz widerleglich vermutet.)

– erfolgreiches Sanierungskonzept zum Zeitpunkt der Überweisung erforderlich –
Aber auch die Einhaltung der 30-Tage-Frist sowie die Vereinbarung einer Vorschussregelung reichen bei einem Mandanten/Unternehmen in der Krise nicht aus, eine Insolvenzanfechtung immer zu umgehen.

Wegen § 140 Abs. 1 InsO muss bei einem Unternehmen in der Krise zum Zeitpunkt der Überweisung des Vorschusses ein erfolgreiches Sanierungskonzept bestehen. Das bedeutet, dass sich aus den Buchhaltungsunterlagen ergeben muss, dass infolge des geplanten Sanierungskonzeptes eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit nicht mehr besteht, da nur dann die gerechtfertigte Annahme aufrechtzuerhalten ist, die Zahlung an den Rechtsanwalt werde niemanden benachteiligen, (vgl. OLG Celle, Urteil vom 30.06.2005, 13 U 36/05 Rn. 81).

Weitere Folge wäre, dass die Überweisung des Vorschusses nicht mehr mit der Begründung eines Benachteiligungsvorsatzes anfechtbar wäre, da der Mandant (Gemeinschuldner) zum Zeitpunkt seiner Überweisung (erneut) von seiner Zahlungsfähigkeit ausgegangen ist, es also an dem subjektiven Element für einen Benachteiligungsvorsatz fehlt (LG Kleve, 3. Zivilkammer Urteil vom 15.07.2008, Az. 3 O 23/08, Rn 22).

ABER: Ohne ein Erfolg versprechendes Sanierungskonzept kann man dem beratenden Rechtsanwalt/Steuerberater entgegenhalten, dass er von den finanziellen Schwierigkeiten des Mandanten (Gemeinschuldners) wusste, da diese Kenntnis gerade Voraussetzung für seine Sanierungsberatung ist (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 7. Mai 2015, Az. 2-32 O 102/13, Rn. 98).


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Bearbeiter: Rechtsanwalt (RA) Olaf Römmelt – Kanzlei Römmelt Hilden



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