Ersatzzustellung bei der GmbH in der Praxis – warum OLG Köln I-4 Wx 19/24 fehlgeht

Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 9. Januar 2025 entschieden, dass eine Handelsregisteranmeldung ohne private Wohnanschrift des Geschäftsführers vollständig ist. Nach Ansicht des Senats reiche die Geschäftsanschrift der GmbH aus; sollte eine persönliche Zustellung notwendig werden, lasse sich die Meldeanschrift „durch eine einfache Melderegisterauskunft“ ermitteln. Backhaus (Backhaus, jurisPR-HaGesR 5/2025 Anm. 3) begrüßt dies in seiner Besprechung ausdrücklich und sieht im Datenschutz das Hauptargument gegen die Offenlegung der privaten Adresse.

Maßgeblich stützt sich der Senat auf § 43 Nr. 4 HRV, der nur den Wohnort, nicht aber die Wohnanschrift nennt, und folgert: Was nicht einzutragen ist, dürfe das Registergericht auch nicht verlangen. Indes blendet diese Sicht aus, dass § 35 Abs. 1 GmbHG jeden Geschäftsführer zum gesetzlichen Zustellungsadressaten bzw. -adresse der Gesellschaft erklärt; die Regelung bildet damit sehr wohl eine hinreichende spezialgesetzliche Grundlage, um dessen aktuelle Privatanschrift schon bei der Anmeldung zu erfassen. Wer die gesellschaftsrechtliche Repräsentation übernimmt, muss die damit verbundene Last der Veröffentlichung tragen – möchte er das nicht, steht es ihm frei, kein Geschäftsführeramt zu übernehmen.

Sobald nämlich eine GmbH in wirtschaftliche Schieflage gerät, werden Büros geschlossen, Postfächer aufgelöst, Telefone abgeschaltet. Zwar hält der Senat dem entgegen, es sei Sache der Gesellschaft, eine Sitz- oder Anschriftenänderung anzumelden und deswegen rechtfertigten Missbrauchsgefahren keine generelle Pflicht zur Wohnanschrift. Diese Annahme übersieht jedoch, dass genau in diesen Situationen keine Anmeldung mehr erfolgt, vielmehr Gläubiger- und Gerichtszustellungen im Nirwana enden.

Wenn dann gesetzlich vorgesehen ist, dass Schriftstücke unmittelbar an den Geschäftsführer zuzustellen sind (§§ 170 ff. ZPO i. V. m. § 35 GmbHG), ist Voraussetzung dafür, dass eine verlässliche Privatanschrift vorliegt. Wird diese nicht erfasst, ist es einem Gläubiger fast unmöglich, einen anderen Zustellweg zu finden.

Hier verweist der Beschluss auf die Möglichkeit, die Adresse behördlich zu erfragen. Eine verlässliche Auskunft kann das Einwohnermeldeamt aber nur dann erteilen, wenn Anmeldung und tatsächlicher Aufenthalt zeitlich zusammenfallen. Geschäftsführer in Insolvenz- oder Fluchtsituationen sind hingegen häufig längst abgemeldet oder nur noch pro forma registriert.

Auch die Annahme, dass aus Art. 6 DSGVO abzuleiten sei, dass es an einer tauglichen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Privatanschrift fehle, ist vor diesem Hintergrund unzutreffend. Art. 6 Abs. 1 c DSGVO erlaubt sehr wohl die Verarbeitung, wenn sie „zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung“ erforderlich ist – § 35 GmbHG ist eine solche Verpflichtung. Er garantiert im öffentlichen Interesse eine funktionsfähige Zustellmöglichkeit. Das Publizitäts- und Rechtsschutzinteresse (Art. 19 Abs. 4 GG) muss hier schwerer wiegen als das überschaubare Persönlichkeitsrecht des Geschäftsführers. Auch ein datenschutzrechtlicher Ausgleich, etwa durch einen begrenzten Registerzugriff, ist nicht erforderlich.

Unter Berufung auf das Handelsregister dürfte immer ein berechtigtes Interesse bestehen, Auskunft vom Einwohnermeldeamt zu erhalten. Wenn dies aber der Fall ist, ist der Verweis auf das Einwohnermeldeamt nur ein unnötiger bürokratischer Umweg, denn wenn der Geschäftsführer dort registriert ist und die Auskunft – in der Regel – ohne Weiteres erteilt wird, hätte sie direkt mit der Handelsregisterauskunft erteilt werden können. Dass die EMA-Auskunft dabei nur gegen Gebühr und mit erheblicher Verzögerung zu haben ist, lässt einen höheren Datenschutzwert nicht erkennen.


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Bearbeiter: Rechtsanwalt (RA) Olaf Römmelt – Kanzlei Römmelt Hilden