SCHULDRECHT: Eine Abtretung und ihre Folgen

Die Abtretung ist das wohl am meisten unterschätzte Rechtsgeschäft überhaupt. Banken lassen sich im Rahmen einer Kreditgewährung formularmäßig Lohnansprüche des Kreditnehmers abtreten.

Kann dieser die Rate nicht mehr leisten, legt die Bank die Abtretungserklärung kurzerhand dem Arbeitgeber vor und der Arbeitgeber ist bei Vorlage der Abtretung verpflichtet, bis zur Pfändungsfreigrenze den Lohn des Arbeitnehmers einzubehalten und an die Bank auszukehren.

Selbst im Rahmen einer Privatinsolvenz bleibt die Lohnabtretung bestehen, allerdings hier nur für ein Jahr. Dabei kommt es nicht darauf an, wann dem Arbeitgeber die Lohnabtretung vorliegt. Entscheidend ist das Datum der Abtretungsvereinbarung. Das bedeutet also, dass die Wirksamkeit der Abtretung nicht davon abhängt, wann dem Arbeitgeber die Abtretung vorliegt. Allerdings kann sich der Arbeitgeber bis zur Vorlage der Abtretungserklärung darauf berufen, nichts von der Abtretung gewusst zu haben, § 407 Abs. 1 BGB.

In der Praxis wird im Vorfeld von einer Privatinsolvenz oftmals dazu übergegangen, nachträglich rückdatierte Abtretungsvereinbarungen, hier meist zur Sicherung von Bardarlehen, zu fingieren. Diese Vorgehensweise ist nicht ohne Risiko. Zum einen kann der Gläubiger (oder Insolvenzverwalter) das Rechtsgeschäft wirksam anfechten, weil er von einem begründeten Benachteiligungsvorsatz ausgehen darf, § 133 InsO. Zum anderen ruft das Bardarlehen das Finanzamt auf den Plan, das in der nicht weiter dokumentierten Bargeldhingabe einen Schwarzgeldhintergrund beim Darlehensgeber vermuten könnte.

Aber auch im gewerblichen Bereich kann die Abtretung eine sehr scharfe Seite haben. Man stelle sich zum Beispiel ein Rechtsverhältnis mit gegenseitigen Forderungen vor.

Aus der Praxis folgendes Beispiel:

Eine Auftragnehmerin hat einen Provisionsanspruch gegen ihren Auftraggeber. Diesen Provisionsanspruch macht sie nach langem Warten und vielen Zahlungsaufforderungen geltend. Um ihre Beweissituation zu verbessern, tritt sie ihren Provisionsanspruch an einen Dritten ab, sodass die Geschäftsführerin der Auftragnehmerin im Prozess des Dritten, also des Zessionars, gegen den Auftraggeber als Zeugin auftreten kann. Schon im außergerichtlichen Schriftverkehr macht der Auftraggeber geltend, ein Ausstellungsstück im Wert von ca. 20.000 EUR zur Verfügung gestellt zu haben, welches er nun zurückfordere und solange würde er die Provision auch nicht leisten. Im gerichtlichen Verfahren wiederholt der Auftraggeber die (berechtigte) Rückforderung des Ausstellungsstücks. Vergeblich. Denn die Abtretung hat bewirkt, dass die gegenseitigen Forderungen voneinander getrennt wurden. Der Rückforderungsanspruch des Auftraggebers war mangels Rückgabeverlangens (Leihe) zum Zeitpunkt der Abtretung noch nicht fällig. Fälligkeit bestand erst, als der Auftraggeber das Ausstellungsstück später, also nachdem ihn die Auftragnehmerin (bzw. der Dritte aus abgetretenem Recht) zur Zahlung der Provision aufgefordert hat, zurückverlangte. Zeitlich davor war aber schon die Forderung gegen den Auftraggeber an den Zessionar übergegangen, sodass § 404 BGB dazu führte, dass das Rückforderungsverlangen gegenüber dem Zessionar nicht durchgreifen konnte.


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Bearbeiter: Rechtsanwalt (RA) Olaf Römmelt – Kanzlei Römmelt Hilden



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